Open Access Barcamp 2023: Live und in Farbe

von Danny Flemming

Kein Weg zu weit: Unter anderem aus Hamburg, Berlin, Österreich und der Schweiz waren die Teilnehmenden am 28.03.2023 nach Konstanz an den Bodensee gekommen – trotz bundesweiter Bahnstreiks. Zu groß war der Enthusiasmus, sich nach den Onlineformaten der Vorjahre endlich in Präsenz über Entwicklungen und Herausforderungen rund um Open Access austauschen zu können. Das Open Access Barcamp 2023 wurde im Rahmen des Projekts open-access.network veranstaltet, das nicht nur das gleichnamige Portal betreibt, sondern auch maßgeblich zur Vernetzung der Open-Access-Community beiträgt. Veranstaltungsort war das Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz. Dessen Räumlichkeiten boten beste Bedingungen für produktive Präsenzarbeit und Austausch in kleinen und großen Gruppen, die sich je nach Programmpunkt spontan bildeten.

Gastgeberin Dr. Anja Oberländer, stellvertretende Direktorin des KIM, begrüßte alle Teilnehmenden herzlich und übergab nach einleitenden Worten an Projektkoordinator Andreas Kirchner, der mit einer interaktiven Kennenlernrunde das Eis brach und so den Grundstein für eine motivierende, lockere und dennoch konzentrierte Arbeitsatmosphäre legte.

Mit Session Planning zum maßgeschneiderten Programm

Das eigentliche Programm wurde mittels Session Planning von den Teilnehmenden nach ihren Wünschen und Vorlieben selbst gestaltet. Dazu visualisierte Projektmitarbeiterin Dr. Martina Benz alle bereits im Vorfeld online eingegangen Vorschläge für die jeweils 90-minütigen Sessions, die dann noch spontan um weitere Ideen ergänzt werden konnten.

Abbildung 1: Ein Programm ganz nach den Wünschen der Teilnehmenden. Foto: Andreas Kirchner©.

Insgesamt kamen neun verschiedene Sessions mit Vorträgen, Diskussionsrunden und Workshops rund um Open Access sowie eine Bibliotheksführung zusammen, aus denen die Teilnehmenden ihre jeweiligen Favoriten auswählen konnten und das Organisationsteam des KIM den Ablaufplan für den Rest des Tages erarbeitete.

Den Überblick behalten – und selbst einen Verlag gründen?

Die erste Session “Open-Access-Monitoring (automatisieren)” wurde von Dr. Andreas Walker (Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven) und Christian Berger (PH Freiburg) angeboten. Gemeinsam mit ihnen diskutierten die Teilnehmenden, wie die Open-Access-Quote einer Institution am besten ermittelt werden kann. Als mögliche Lösung wurde darin genannt, das Thema Open Access bereits bei der Etablierung eines Forschungsinformationssystems zu berücksichtigen und durch eine Schnittstelle zum institutionellen Repositorium eine verlässliche Datenquelle einzurichten. Diese würde der Bibliothek bei der Generierung von Publikationslisten und Quartalsberichten helfen – was wiederum für die Wissenschaftler:innen der Institution einen Mehrwert böte.

Abbildung 2: Aus Session 1: Woher wissen wir eigentlich, wie hoch unsere Open-Access-Quote ist? Foto: Danny Flemming©

Parallel dazu fand die von Gerhard Bissels (PH Schwyz) vorgeschlagene Session “Open Access University Press gründen” statt, in der Möglichkeiten zur Gründung hochschuleigener Verlage diskutiert wurden. Hierbei wurde das Beispiel des Verlags “Berlin Universities Publishing” genannt, bei dem mit FU, HU, TU und der Charité vier Berliner Hochschulen einen gemeinsamen Verlag gründeten. Ausgehend davon erörterten die Teilnehmenden verschiedene Organisations- und Finanzierungsmodelle und betonten die Bedeutung institutionsübergreifender, im Idealfall landesweiter Initiativen.

Anke Rautenberg (KIM) skizzierte in der folgenden Session das Konzept eines alle Einnahmen und Ausgaben einer Bibliothek für wissenschaftliche Informationen umfassenden Informationsbudgets (zum Konzept des Informationsbudgets siehe Pampel, Heinz, Auf dem Weg zum Informationsbudget: zur Notwendigkeit von Monitoringverfahren für wissenschaftliche Publikationen und deren Kosten, Arbeitspapier. Potsdam 2019, und Mittermaier, Bernhard, Das Informationsbudget: Konzept und Werkstattbericht, in o-bib 4 (2022) S. 1-17. ), das an der Universität Konstanz bereits im Aufbau ist. Als Erfolgsfaktoren bei der praktischen Umsetzung betonte sie die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Abteilungen und den zunehmenden Einsatz automatisierter Lösungen.

In der Parallelsession stellte Dr. Martina Benz derweil Ergebnisse aus dem Projekt „Open4DE: Stand und Perspektiven der Open-Access-Transformation in Deutschland“ (Dokumente, Daten und Ergebnisse des Projekts) vor. Die weitere Entwicklung der Open-Access-Transformation erfordere demnach eine Transformation der Open-Access-Finanzierung, den Aufbau von Informationsinfrastrukturen und eine Reform der Forschungsevaluation.

Speed Dating und Zukunftsperspektiven

Nach der Mittagspause sorgte ein Speed Dating für Bewegung und individuelle Vernetzung, bevor sich die Teilnehmenden zwischen einem Workshop zur Frage „Wie können wir Wissenschaftler:innen besser erreichen?“, einer Session zu Finanzierungsmodellen von Open Access und einer Bibliotheksführung durch KIM-Fachreferentin Livia Gertis entscheiden mussten.

Im Workshop adressierte Dr. Danny Flemming (KIM) die Herausforderung, Informations- und Vernetzungsangebote zum Thema Open Access besser an die Zielgruppe der Wissenschaftler:innen heranzutragen. Es wurden viele Erfahrungen und Best Practices gesammelt und dabei herausgestellt, dass man Wissenschaftler:innen einen Service mit Mehrwert bieten muss, wenn man sie dazu bewegen möchte, sich eingehender mit Open Access auseinanderzusetzen.

Zeitgleich dazu stellten Dr. Daniela Hahn (Universität Zürich) und Dr. Martina Benz mit PLATO und KOALA zwei Modellprojekte im Bereich Diamond Open Access (siehe hierzu auch den 2022 von Science Europe, cOAlition S, OPERAS und der Agence Nationale de la Recherche (ANR) vorgestellten Action Plan for Diamond Open Access, der inzwischen auch in deutscher Sprache vorliegt) vor.

Dieser Bereich wurde in der folgenden Session wieder aufgegriffen, die die Frage aufwarf “Open-Access-Finanzierung quo vadis?”. Bei der Diskussion um Entwicklungen und Zukunftsperspektiven der Open-Access-Finanzierung wurde klar, dass Diamond Open Access ein besonders vielversprechendes und wünschenswertes Modell darstellt.

Ein langer und produktiver Tag

Eine weitere Session erarbeitete auf Vorschlag von Marc Lange (HU Berlin), wie sogenannten „Predatory Journals“ begegnet werden könne – einem unseriösen Geschäftsmodell, gegen Zahlung oft überhöhter Gebühren ungeprüft alles zu publizieren. Dabei wurde insbesondere ein schweizer Open-Access-Verlag heiß diskutiert.

In einer dritten parallelen Session stellte Nicolas Bach (Hochschule der Medien Stuttgart) ein Praxisbeispiel für datensouveränes Open-Access-Publishing vor. Er zeigte, wie anhand eines dezentral verteilten Dateisystems und einer durch die wissenschaftliche Community getragenen Blockchain Integrität und Authentizität einer Publikation garantiert werden.

Abbildung 3: Konzentriertes Arbeiten in professioneller Atmosphäre. Foto: Danny Flemming©

In einer Abschlussrunde wurden die wichtigsten Ergebnisse aller Sessions zusammengetragen sowie Rückmeldungen zur Veranstaltung gesammelt. Die Teilnehmenden betonten die angenehme und konstruktive Zusammenarbeit, welcher der Austausch in Präsenz merklich gut getan hat. Für die Jahre 2024 und 2025 sind weitere Barcamps geplant. Orte, Zeiten und Anmeldemöglichkeiten werden – sobald diese feststehen – im Kalender von open-access.network ersichtlich, der eine laufend aktualisierte Übersicht zukünftiger Veranstaltungen bietet.

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Über den Autor:
Dr. Danny Flemming (kontakt via Email), Dipl.-Psych., promovierte an der Eberhard Karls Universität Tübingen, forschte dort am Leibniz-Institut für Wissensmedien und ist nun Teil des Teams Open Science am Kommunikations-, Informations-, Mediencenter (KIM) der Universität Konstanz. Er arbeitet im Projekt open-access.network, welches die Kompetenzförderung und Vernetzung im Open-Access-Bereich vorantreibt.
Porträt, Fotograf: Christian Hartz©

Fotos: Danny Flemming© und Andreas Kirchner©

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